Bundestag führt Frauenquote und Möglichkeit zur Auszeit in Geschäftsführungsorganen großer Unternehmen ein
Der Bundestag hat am 11.06.2021 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ (BT-Drs. 19/26689, BT-Drs. 19/27633, BT-Drs. 19/28005 Nr. 6) in der vom Familienausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 19/30514) mehrheitlich zugestimmt.
Hintergrund war, dass im Bereich der Privatwirtschaft die 2016 eingeführte fixe Aufsichtsratsquote zu einer erheblichen Steigerung des durchschnittlichen Frauenanteils in Aufsichtsräten geführt hat. Hier wurde die 30-Prozent-Schwelle bereits im Geschäftsjahr 2017 überschritten und lag am im November 2020 bei 35,2 Prozent. Der Frauenanteil im Vorstand, für den es bislang keine Mindestbeteiligung gab, hatte sich im Vergleich zu den Aufsichtsräten jedoch weniger positiv entwickelt.
Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung muss zukünftig in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten in den Vorständen und sonstigen Geschäftsführungsorganen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens eine Frau und ein Mann vertreten sein. Nach Regierungsangaben sind davon ca. 70 Unternehmen betroffen, von denen 30 aktuell keine Frau im Vorstand haben. Alle anderen Unternehmen sollen zukünftig nach der Gesetzesvorlage begründen müssen, warum sie es sich nicht zum Ziel setzen, eine Frau in den Vorstand zu berufen. Unternehmen, die keine Zielgröße für den Frauenanteil nennen oder keine Begründung abgeben, sollen sanktioniert werden.
Unternehmen, mit weniger als 2.000 Beschäftigten, also insbesondere auch im Bereich der Drittel-Mitbestimmung fallen nicht unter die Neuregelung.
Für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes gilt eine besondere Regelung: Hier wird eine feste Frauen- beziehungsweise Männerquote von mindestens 30 Prozent in den Aufsichtsräten festgelegt. In Vorständen mit mehr als zwei Mitgliedern soll zudem mindestens einer Frau vertreten sein. Auch in Körperschaften des öffentlichen Rechts wie den Krankenkassen, Renten- und Unfallversicherungsträgern und bei der Bundesagentur für Arbeit wird eine Mindestbeteiligung von einer Frau in mehrköpfigen Vorständen eingeführt. Zusätzlich fallen nach dem geänderten Bundesgremienbesetzungsgesetz zukünftig Gremien bereits ab zwei Mitgliedern des Bundes unter dessen Regelungen.
Neu ist auch eine Regelung zur „Auszeit“ von Geschäftsführungsorganen. Die Bestellung eines Mitglieds des Geschäftsführungsorgans einer AG, SE oder GmbH soll aus Gründen
vorübergehend ausgesetzt werden können. Rechtlich handelt es sich um die Beendigung der Bestellung durch Widerruf, verbunden mit dem Anspruch auf Neubestellung nach Ablauf des einschlägigen Zeitraums. Durch das Recht und die Möglichkeit zum Widerruf der Bestellung soll gewährleistet werden, dass das Vorstandsmitglied während der „Auszeit“ vollständig von allen Pflichten und Haftungsrisiken befreit ist.
Bislang musste ein Geschäftsführungsorgan in diesen Fällen entweder auch in der Auszeit – mit Haftungsverantwortung! – die Geschäfte mehr recht als schlecht von zu Hause führen, oder sein Amt niederlegen, ohne einen gesicherten Anspruch auf eine Wiederbestellung zu haben.
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* In dieser Beitragsreihe gibt Dr. Oliver Wulff praxisnahe Hinweise zu Themen, die vor allem mittelständische Unternehmen betreffen. Auf Grund seiner mehr als 25-jährigen Erfahrung in der Beratung von mittelständischen Unternehmen, auch als Aufsichtsrat und Beirat, sind Herrn Dr. Wulff deren Sorgen und Nöte bestens bekannt. Ziel jeder Beratung ist dabei immer eine in der Praxis wirtschaftlich gut umsetzbare Lösung